Bergpanorama – Tag 102 bis Tag 105

Tag 102 – Tineo bis Borres (27,5 km) – Dienstag 10.10.2023

Heute hatte ich gut geschlafen und somit verließ das Hotel um halb 9 ausgeruht. Es ging direkt bergauf und schon bald konnte ich die Stadt in den morgendlichen Sonnenstrahlen erblicken. Neben der Stadt konnte ich in der Ferne auch die ersten Berge erblicken, welche jedoch noch in Wolken gehüllt waren.

Nach dem längeren Anstieg, bei dem ich wieder einige Pilger überholen musste, bekam ich auf der anderen Seite des Berges eine schöne Aussicht geboten.

Dann stieg ich schnell ab und setze mich bei einer Bank mit Tisch hin, um dort meine Frühstückspause einzulegen. Ich kam direkt mit zwei Pilgerinnen aus Schweden ins Gespräch, die heute ihren zweiten Tag absolvierten und sich sehr über meinen kleinen Gaskocher erfreuten. Sie freuten sich, dass sie endlich jemanden trafen, der Englisch reden konnte. Über meine 3 3-monatige Reise waren sie erst erstaunt und fragten mich dann doch ziemlich darüber aus. Später verabschiedeten sie sich und ich trank noch meinen Kaffee aus.

Danach ging es erst weiter bergab und dann entlang einer Straße wieder langsam bergauf. Irgendwann bog ich über einen Feldweg ab in ein Dorf, welches auf den nächsten 20 km das letzte gewesen sein sollte. In der einzigen Bar der Ortschaft aß ich ein belegtes Brötchen und trank eine kalte Cola. Da ich heute weiter oben campen wollte und es auf den nächsten 20 km auch kein Wasser gab, füllte ich in der Bar nochmals meine Reserven auf. Mit 3,5l Wasser, was immerhin 3,5KG sind, setze ich als meine Reise fort.

Nach ca. 5 km kam ich an einer erwarteten Kreuzung vorbei. Hier musste ich mich entscheiden, ob ich die etwas längere, aber flacher Tour nehmen wollte, welche nach 14 km eine Ortschaft zum Einkehren hatte oder ob ich die anspruchsvollere Tour machen wollte, welche mich direkt über den vor mir liegenden Berg führen wird. Bereits vor der Abzweigung hatte ich mich für die anspruchsvollere der beiden Touren, die sogenannte Hospital-Route entschieden, auf der neben schönen Landschaften auch alte Ruinen von Hospitals angetroffen werden können.

Nachdem ich an der Abzweigung abgebogen war, ging es auch direkt weiter bergauf. Erst ging es noch durch den Wald und später wurde es immer lichter. Meine Extrakilos merkte ich bei dem Anstieg schnell und somit schwitze ich bereits nach wenigen Metern. Der Weg führte durch ein Gebiet, welches vor nicht allzu langer Zeit von einem Waldbrand heimgesucht wurde. Die Bäume waren noch verkohlt, aber unten wuchsen schon wieder die ersten Pflanzen, welche aktuell gelb blühten und dadurch einen beeindruckenden Anblick boten.

Bald hörten aber auch die toten Bäume auf und ich lief direkt in der Sonne weiter hinauf. Zwischendrin kam ich immer wieder an Kühen und an Pferden vorbei.

Nach einer ziemlich langen Zeit erreichte ich endlich die ersten Ruinen und somit war ich dann auch ziemlich oben angelangt. Ich schaute mir die ersten Ruinen an, lief aber noch weiter.

Erst bei der letzten Ruine nutze ich eine flache Stelle, um dort mein Zelt aufzubauen. Da ich hier oben, weit weg von der nächsten Ortschaft auch keine Menschen erwarteten musste, baute ich mein Zelt direkt auf und kochte mir erst danach etwas zu essen. Nach den 27,5 km und über 1100 Höhenmetern im Aufstieg, war ich von der heutigen Tour dann doch ein wenig erschöpft.

Später genoss ich noch den Sonnenuntergang in der Einsamkeit und als es dunkel wurde, ging ich in mein Zelt, um dort zu schlafen.

Tag 103 – Borres bis A Mesa (25 km) – Mittwoch 11.10.2023

Die Nacht auf dem Berg war im Großen und Ganzen sehr ruhig. Lediglich gegen halb 1 wurde ich von einem der Pferd geweckt, welches direkt neben meinem Kopf grasen musste, was sehr laut war. Ansonsten hatte ich eine sehr erholsame Nacht, in der es nahezu komplett still war und es war weniger kalt gewesen als erwartet. Gegen halb 8 fing ich, an mein Zelt abzubauen. Danach machte ich mir noch Frühstück und genoss die aufgehende Sonne.

Als ich dann wieder loslief, konnte ich die schöne Landschaft in der Morgensonne bestaunen. Immer wieder machte ich Bilder von der Umgebung und kam somit nur langsam voran. Sowohl der Blick zurück, als auch der Blick auf die andere Seite des Berges waren sehr beeindruckend und wunderschön.

Nach einigen Kilometern erreichte ich eine Straße und traf dort auch auf die andere Route, welche sich weitestgehend um den Berg herum geschlängelt hatte. Von dort aus ging es dann über eine Schotterpiste steil bergab und ich rutschte mehr oder weniger den Berg hinab. Bald wurde der Weg aber wieder besser und ich konnte schneller durch die Gegend laufen. Ich kam an einem alten Bauernhof vorbei und lief eine Zeit lang durch einen kleinen Wald.

Da leider auch im ersten kleineren Ort kein Laden oder Brunnen war, konnte ich tatsächlich erst zur Mittagszeit nach 15 km mein Wasser auffüllen. In der ersten Bar, die ich finden konnte, kaufte ich mir ein belegtes Brötchen, trank dazu ein kaltes Bier und füllte mein Wasser auf. Sowohl das kalte Bier, als auch das Essen war nach einer so langen Zeit eine echte Wohltat. Danach lief ich wieder weiter.

Da ich nicht mehr zu viel Strecke vor mir hatte, legte ich nach weiteren 4 km einen kleinen Mittagsschlaf auf einer Wiese ein. Danach ging es dann noch kurz in den nächsten Ort. Dort trank ich noch einen Eistee in einer Pilgerunterkunft. Nach dem Ort kam ein weiterer Anstieg auf mich zu. Über eine Straße lief ich weiter hinauf und konnte dabei auf die heute bewältigte Strecke zurückblicken.

Oben angekommen kam ich nochmals an einem Bauernhof vorbei, ehe es auf der anderen Seite wieder hinab ging. Ich lief an einer leeren Weide vorbei, welches sich als Schlafplatz anbot. Da ich jedoch einen schönen Aussichtspunkt in einem Kilometer Entfernung ausgemacht hatte, stieg ich den Berg weiter hinab. Die Aussicht war tatsächlich wunderschön, aber leider konnte ich dort keinen Platz für mein Zelt finden. Auf dem Steinboden gab es keine Stelle für mein Zelt.

Da ich aber auch nicht weitere 850 Höhenmeter absteigen wollte, lief ich also wieder einen Kilometer zurück bergauf und machte es mir auf der zuvor ausgemachten Wiese bequem. Dort baute ich später auch mein Zelt auf und genoss bis zum Sonnenuntergang die Aussicht.

Tag 104 – A Mesa bis Castro (19,4 km) – Donnerstag 12.10.2023

Da es leider doch sehr windig war (wer hätte das bei den vielen Windrädern gedacht?), konnte ich nicht wirklich gut schlafen. Immer wieder wackelte mein Zelt in der Nacht. Trotzdem packte ich bei Sonnenaufgang mein Zelt zusammen, um mich dann auf den Weg zu machen. Während ich meine Sachen in meinen Rucksack packte, liefen auch schon die ersten Pilger an meinem Platz vorbei und winkten mir freundlich zu.

Danach stieg auch ich wieder den Berg hinab zu der Stelle, an der ich gestern schon gestanden hatte. Dort setze ich mich auf einen Stein und machte mir Frühstück. Während ich dort meinen Kaffee genoss, kamen immer wieder andere Pilger, machten ein Bild von der Aussicht oder setzen sich direkt zu mir, um in der Stille den Anblick des Sees zu genießen.

Nach der Pause ging es für mich lange Zeit bergab, wobei ich immer wieder einen schönen Blick auf den See und dessen Umgebung hatte.

Ich kam trotz des steilen Abstiegs gut voran und schon bald erreichte ich die Staumauer des Sees. Neben der intakten Anlage, waren auch einige verfallene Gebäude in der Umgebung zu sehen. Ich überquerte die Staumauer und kam danach an einem kleinen Hotel vorbei.

Im Hotel kaufte ich mir, wie viele andere Pilger auch, einen Kaffee. Schnell kam ich mit einem Pilger aus Russland ins Gespräch. Als erstes erzählte er mir, dass er ja gegen den Krieg sei und eher liberal eingestellt ist. Danach beschrieb er mir ziemlich ausführlich, welche Aufwände er nun habe, um seinen Traum vom Camino zu verwirklichen. Da ein direkter Flug von Moskau nach Oviedo nicht möglich war, reiste er über drei Länder ein. Unterkünfte könne er auch nicht buchen, da seine Kreditkarte in der EU nicht funktioniere und somit könne er nur mit Bargeld bezahlen, was nicht immer einfach war. Trotz dieser Widrigkeiten hatte er sich auf den Weg gemacht, um seinen zweiwöchigen Camino zu laufen und sich somit einen lang ersehnten Traum zu erfüllen. Obwohl er erst seit 3 Tag unterwegs war, fand er das Laufen als sehr reinigend für die Seele und es half ihm anscheinend, mit den Problemen aus der Heimat besser klarzukommen.
Als ich ihm von meiner Reise erzählte, erwähnte er einen Schweizer, der wie ich von zu Hause aus losgelaufen und gerade hier unterwegs sei. Wenige Minuten später traf Christopher, der besagte Schweizer, ein und wir unterhielten uns direkt über unsere bisherigen Routen. Wie sich herausstellte, waren wir tatsächlich beide am selben Tag, dem 1. Juli, losgelaufen und waren somit beide genau 103 Tage unterwegs. Im Gegensatz zu mir hat er sich von St. Gallen in der Schweiz auf den Weg gemacht und hat somit ein paar hundert Kilometer weniger auf dem Konto als ich. Trotzdem verstanden wir uns direkt sehr gut und wurden auch von den anderen Pilgern schnell als Zwillinge abgestempelt. Nach einer ausführlichen Unterhaltung mit ihm und einigen anderen Pilger, welche sich zu uns gesellt hatten, setze ich nach einer fast 1-stündigen Pause meine Reise fort.

Es ging entlang einer wenig gefahren Straße immer weiter hinauf in den nächsten Ort und hatte dabei immer den Stausee im Blick.

Nach knapp einer Stunde erreichte ich die kleine Ortschaft und da es gerade Zeit für eine Mittagspause war, setze ich mich in eine Bar, um dort eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Bald kamen auch andere Pilger dazu und so saß ich wieder mit dem Russen und dem Schweizer an einem Tisch und wir tranken zusammen ein Bier. Da alle Pilger hier in eine Unterkunft in knapp 5 Kilometer Entfernung wollte und man dort sogar campen könne, entschied ich mich ihnen anzuschließen und auch dort meine Nacht zu verbringen.

Nach einiger Zeit machte ich mich dann wieder alleine auf den Weg, die letzten Kilometer des Tages zu absolvieren.

Bald traf ich dann auch schon im nächsten Ort ein und ließ mich dort in der Pilgerunterkunft nieder. Da ich mein Zelt dabei hatte, bekam ich noch einen Platz im Garten, obwohl die Unterkunft eigentlich schon ausgebucht war. Ich baute dort also meine eigene Unterkunft auf, nahm seit 3 Tagen mal wieder eine Dusche und wusch danach noch meine Kleider. Als ich fertig war, setze ich mich zu ein paar Pilger und wir unterhielten uns für eine Weile. Später schrieb ich noch Tagebuch und kurz an meinem Blog, bevor es dann auch schon bald das langersehnte Abendessen gab.

Gemeinsam saßen wir Pilger an einem langen Tisch und bekamen erst eine Suppe und dann Nudeln mit Thunfisch serviert. Dabei tauschten wir uns über unsere bisherigen Erfahrungen und den weiteren Weg aus. Nach einem Stück Kuchen als Nachtisch setze ich mich mit ein paar Pilgern noch raus und wir unterhielten uns bei einem Bier für einige Zeit. Als es bereits dunkel war, gingen wir schlafen. Die anderen Pilger liefen alle die Treppe hinauf zum Schlafsaal und ich ging in mein Zelt.

Tag 105 – Castro bis A Fonsagrada (21,3 km) – Freitag 13.10.2023

Leider hatte ich heute Nacht kaum geschlafen. Entgegen der Wettervorhersagen setze der angekündigte Sturm bereits früh in der Nacht ein und mein Zelt wackelte fast durchgehend. Gegen 8 Uhr stand ich trotzdem auf und versuchte mein Zelt einzupacken, was bei dem starken Wind nicht so einfach war. Nachdem ich nochmals meine Wasserreserven aufgefüllt hatte, machte ich mich gegen halb 9 auf den Weg.

Die ersten Meter lief ich noch mehr im Dunkeln als im Hellen durch die Gegend. Das wenige Licht reichte aber aus, um auch ohne Stirnlampe wandern zu können. Der Wind hingegen ließ heute den ganzen Tag einfach nicht nach und machte das Wandern an einigen Stellen doch sehr anstrengend.

Nach einigen Minuten fing es dann auch noch an zu regnen und somit war ich wieder mit Regenjacke unterwegs. Als ich nach 4 Kilometern an einer Bushaltestelle mit einer trockenen Bank vorbeikam, setze ich mich hin und kochte mir meinen Morgenkaffee. Während ich diesen trank, liefen immer wieder Pilger an mir vorbei. Die meisten davon waren bekannte Gesichter aus den letzten Tagen. Nach meiner kleinen Pause ging es weiter bergauf. Durch das schlechte Wetter hatte man leider keine besonders schöne Aussicht und da es dauerhaft regnete, hielt ich auch kaum an.

Erst nach fast 17 km kam ich an einer Bar vorbei. Da ich komplett durchnässt war und eine kleine Pause angebracht war, ging ich in die Bar und kaufte mir etwas zum Trinken. So wie ich machten es wohl die meisten Pilger, den die Bar war fast ausschließlich von Pilgern besetzt. Nachdem ich mein Getränk ausgetrunken hatte, unterhielt ich mich noch kurz mit einem deutschen Ehepaar, die ein paar Fragen zu meinen Erfahrungen mit dem Zelten auf dem Camino hatten. Danach tauschte ich die trockene, warme Bar wieder gegen die nasse Natur ein.

Leider war das Wetter nicht besser geworden. Mittlerweile gingen die Wolken auch direkt auf der Höhe des Weges und somit konnte ich teilweise keine 50 Meter weit sehen. So lief ich bei strömendem Regen durch die Stille. Da ich nicht mehr viele Kilometer zu absolvieren hatten, machte mir das aber auch nicht viel aus und ich genoss das Laufen auch bei schlechtem Wetter.

Bald traf ich wieder auf den Russen von gestern und pilgerte eine Weile mit ihm zusammen. Wie er mir mitteilte, freute er sich sehr über den Regen. Es sei für ihn eine ganz neue Erfahrung im strömenden Regen zu wandern und er freute sich, dass es trotzdem so gut ging und Spaß machte. Obwohl mir das Wandern im Regen auch Freude bereitete, war mein Enthusiasmus nicht ganz so ausgeprägt, was vielleicht aber auch an der Tatsache lag, dass ich nur eine kurze Hose dabei hatte und sowohl die Hose, als auch meine Socken mittlerweile sehr nass waren und das Ganze bei 15 Grad und starkem Wind nicht so angenehm war. Erst beim letzten steilen Anstieg zum heutigen Etappenziel verabschiedete ich mich von ihm, um doch etwas schneller den Berg hinauf und somit zu meiner langersehnten warmen Dusche zu kommen.

Nach der Dusche und einer kleinen Erholungspause auf meinem Zimmer ging ich in den nahegelegenen Supermarkt und kaufte mir etwas zu Essen für die nächsten Tage. Danach ging ich auf mein Zimmer zurück und schrieb dort an meinem Blog.

Später machte ich mich auf die Suche nach etwas Essbarem. Die Pizzeria des Ortes hatte leider Urlaub und das erste Restaurant, das ich anlief aufgrund von Personalmangel geschlossen. Das andere Restaurant machte erst um 19 Uhr auf. Glücklicherweise traf ich davor auf ein paar andere Pilger, von denen ich einige von den letzten Tagen kannte. Ich begleitete sie auf ein Bier in eine Bar und unterhielt mich ein bisschen mit ihnen. Kurz nach 19 verließ ich sie dann und ging in das gegenüberliegende Restaurant, um dort zu essen. Als ich dort ankam, wurde ich direkt von anderen Pilgern begrüßt. Ich setzte mich zu ihnen und wir aßen gemeinsam zu Abend. Nach einem unterhaltsamen Essen ging jeder wieder in seine Unterkunft, um sich für die nächste Etappe auszuruhen.

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