Tag 111 – Santiago de Compostela bis Fielato (29,8 km) – Donnerstag 19.10.2023
Nachdem ich gestern mein lang ersehntes Ziel erreicht hatte, blieb ich heute Morgen ein bisschen länger im Bett liegen und ging erst gegen 8 Uhr zum Frühstück. Da ich nur knapp 20 km geplant hatte, ließ ich mir viel Zeit und stand immer wieder auf, um mir erneut etwas vom Buffet zu holen. Erst gegen 9 Uhr verließ ich das Hotel.
Leider ging es direkt in strömendem Regen weiter und ich traf schon bald auf die ersten Pilger mit Regenponchos. Ich war dagegen mal wieder mit kurzer Hose unterwegs und somit auch schon bald wieder ziemlich nass. Die ersten Kilometer ging es für mich durch den Wald. Bei dem vielen Wasser verwandelte sich der Weg an einigen Stellen in einen regelrechten Bach und ab und an schritt ich durch Pfützen hindurch, bei denen meine Schuhe doch sehr tief in das Wasser eintauchten, bevor sie auf festen Boden trafen. Bald waren meine Socken komplett durchnässt und es fühlte sich an, als ob ich Wasser in meinen Schuhen hatte.




Als ich nach einigen Kilometern an einer Bar vorbeikam, zog ich meine Schuhe aus, um die Socken zu wechseln. Als ich die Schuhe herumdrehte, kam tatsächlich Wasser aus ihnen herausgeflossen. Mit dem Wasser aus dem einen Schuh hätte ich sicher ein ganzes Glas füllen können. Die nassen Socken verstaute ich in der Außentasche meines Rucksacks und ich zog ein paar frische, trockene Socken an. Dann kaufte ich mir in der Bar einen warmen Kaffee.
Leider wurde es auch danach nicht viel besser und schon bald waren auch die neuen Socken wieder komplett durchnässt. Ich lief trotzdem erst einmal für einige Zeit weiter durch die Gegend. Als es dann gegen 12 Uhr immerhin ein bisschen besser wurde und der Regen ein wenig nachließ, wechselte ich erneut meine Socken. Da es mein letztes Paar Socken war, hoffte ich, dass diese nicht auch wieder nass werden würden.
Bei wechselndem Wetter lief ich weiter durch Wald und Wiesen. Mal schien kurz die Sonne, dann regnete es wieder für einige Minuten. Zwischendrin kam ich an einer schönen alten Brücke vorbei, bei der das Wasser darunter durchschoss und es doch ersichtlich war, dass der Wasserpegel ziemlich hoch war.



Erstaunlicherweise kam ich nach knapp 20 km bei strahlendem Sonnenschein an meinem geplanten Etappenziel an. Da es gerade erst 15 Uhr war und dazu noch die Sonne schien, entschied ich mich dazu noch ein bisschen weiterzulaufen und das gute Wetter auszunutzen. Die nächste Pilgerunterkunft war nur knapp 10 Kilometer entfernt, was ich in zwei Stunden schaffen sollte. Somit lief ich motiviert zum Ende der Stadt und freute mich über die warmen Sonnenstrahlen.


Jedoch hielt das gute Wetter nicht lange an. Kaum hatte ich die Stadt verlassen, fing es auch schon wieder an zu regnen und ich lief erneut mit Regenjacke durch den Wald. Die restlichen Kilometer trotte ich komplett durchnässt durch die Gegend. Ich konnte es kaum abwarten, endlich in einer trockenen Unterkunft zu sein, eine warme Dusche zu nehmen und in trockene Kleider zu schlüpfen.
Gegen Abend erreichte ich dann endlich die heutige Pilgerunterkunft. Nach der wohltuenden Dusche unterhielt ich mich einige Zeit mit einem Amerikaner, welcher heute einer meiner Zimmergenossen war. Später saßen alle Pilger bei einem gemeinsamen Abendessen zusammen und wir machten uns über das schlechte Wetter lustig. Während wir das leckere Essen verspeisten, unterhielten wir uns über die unterschiedlichen Touren, die jeder von uns gemacht hatte und berichteten von unseren Erfahrungen. Bei dem ein oder anderen Glas Wein ging es sehr lustig zu und wir hatten zusammen einen tollen Abend. Gegen 21 Uhr gingen wir dann alle auf unsere Zimmer, um uns für den morgigen Tag auszuruhen.
Tag 112 – Fielato bis O Logoso (30,2 km) – Freitag 20.10.2023
Heute stand ich wieder um halb 8 auf. Danach ging es zuerst in das Restaurant, um dort ein Toast zum Frühstück zu essen und einen Kaffee zu trinken. Kurz nach 8 Uhr verließ ich die Pilgerunterkunft auch schon wieder los.
Das Wetter war wieder etwas besser geworden. Anstelle des dauerhaften Regens hatte ich am heutigen Morgen mit ziemlich kräftigem und kaltem Wind zu kämpfen. Ich lief also bei starkem Gegenwind durch die Hügellandschaften und freute mich, wenn ich durch eine kleine Senke laufen konnte, wo der Wind nicht so stark war.




Ansonsten passierte heute nicht sehr viel. Ich lief entspannt durch die Gegend und das Wetter wechselte immer zwischen Sonnenschein und Regen. Kaum hatte ich meine Regenjacke ausgezogen, fing es erneut an zu regnen und ich packte sie wieder aus. Immerhin war der Regen heute aber nicht so schlimm wie gestern und somit hatte ich weiterhin trockene Socken und konnte ab und an auch die Landschaft bei einem blauen Himmel genießen.



Irgendwann kam ich aber an einer Brücke vorbei, welche mich über einen kleinen Bach führen sollte. Da es in den letzten Tagen so viel geregnet hatte, floss das Wasser aber nicht nur unter der Brücke hindurch, sondern an einer Stelle auch einfach über die Brücke hinweg. Da ich aber auch keinen Umweg finden konnte, musste ich also durch das fast knöcheltiefe Wasser auf die andere Seite laufen. Danach waren meine Socken wieder komplett nass.


Immerhin hatte ich danach nicht mehr weit zu laufen. Ich traf nach knapp 30 Kilometern in meiner heutigen Pilgerunterkunft ein. Dort traf ich dann auf einige Pilger von gestern. Da es heute kein gemeinsames Abendessen gab, ging ich später in das dazugehörige Restaurant und bestellte mir ein Pilgermenü. Wenige Minuten später gesellte sich ein Mitpilger aus Lettland zu mir, mit dem ich gestern Abend schon zusammensaß. Beim Essen unterhielten wir uns über verschiedene Themen und überlegten uns, wo wir morgen hinlaufen wollten. Zu später Stunde gingen wir dann wieder in unsere Betten.
Tag 113 – O Logoso bis Finisterre (30,1 km) – Samstag 21.10.2023
Da ich komischerweise heute alleine in meinem Mehrbettzimmer war, hatte ich wunderbar geschlafen. Top motiviert packte ich am Morgen alles zusammen, trank im Restaurant noch schnell einen Kaffee und aß dazu ein süßes Stückchen.
Danach ging es dann auch schon wieder im Dunkeln los. Auf den ersten Metern konnte ich leider nicht viel sehen, da es einfach noch zu dunkel war. Im Gegensatz zu den anderen Pilgern verzichtete ich aber auf meine Stirnlampe, da ich den Weg auch so ganz gut erkennen konnte. Langsam wurde es dann auch heller und ich konnte den Sonnenaufgang beim Laufen bestaunen.


Zwischendrin ließ ich noch ein schönes Touristenbild von mir machen.

Nach wenigen Kilometern kam ich an der letzten Abzweigung auf meiner Reise vorbei. Hier musste ich mich entscheiden, ob ich zuerst in Richtung Süden nach Finisterre oder Richtung Norden nach Muxia laufen wollte. Da das Wetter heute Abend gut gemeldet war, wollte ich mir in Finisterre den Sonnenuntergang anschauen, welcher dort besonders schön sein soll. Ich bog als links ab und folgte dem Weg weiter nach Finisterre, welches schon bei den Römern als „Ende der Welt“ bekannt war.

Danach ging es zuerst eine Weile durch Felder hindurch und die Umgebung wurde schön von der noch tief stehenden Sonne angestrahlt.




Dann wechselte der Weg in den Wald, wo es für lange Zeit weiterging. Auf den 15 Kilometern bis zum nächsten Ort begegnete ich kaum anderen Leuten und ich kam auch sonst an keinem richtigen Haus vorbei. Lediglich eine kleine Kapelle im Wald bot mir eine Sitzgelegenheit, welche ich mal wieder nutze, um mir dort einen Kaffee zu kochen.



Danach ging es dann aber zuerst weiter durch den Wald, ehe ich dann nach fast 20 km endlich am Meer angelangte.

Von hier aus ging es dann ziemlich am Strand entlang bis nach Finisterre. Dort hatte ich mir heute ein Zimmer gebucht. In meinem Zimmer angekommen, nahm ich schnell eine Dusche und machte mich dann auch schon wieder mit leichtem Gepäck auf den Weg zum Cape, welches knapp 3 Kilometer außerhalb der Stadt lag und wo ich mir den Sonnenuntergang anschauen wollte.



Bei gutem Wetter kam ich dort dann gegen halb 7 an. Zuerst freute ich mich noch über den Markierungsstein mit der symbolischen Kilometeranzahl 0. Dann lief ich am Leuchtturm vorbei und setze mich auf einen der Felsen, um betrachtete mir von dort das Meer.


Gegen halb 8 ging die Sonne dann auch langsam unter und wie viele andere Leute auch, genoss ich den Sonnenuntergang am Meer. Als es die Sonne dann komplett untergegangen war, lief ich im Dunkeln wieder zurück in die Stadt und ging dort dann auch direkt schlafen.



Tag 114 – Finisterre bis Muxia (29,4 km) – Sonntag 22.10.2023
Nach einer erholsamen Nacht ging ich heute erst um 8:30 Uhr frühstücken. Als ich gegen 9 Uhr das Hotel verließ, stiegen gerade die ersten Pilger in den Bus ein, um nach Hause zu fahren. Ich hingegen machte mich auf den Weg in das knapp 30 Kilometer entfernte Muxia.
Anfangs ging es durch kleine Dörfer und später wieder vermehrt durch Wald. Die Strecke war sehr ruhig und angenehm zu laufen. Es ging zwar immer wieder auf und ab, aber es gab wenige anstrengende Anstiege. Zwischendrin konnte ich immer wieder das Meer und ein paar Strände erblicken.





Während ich in den ersten Stunden noch kaum auf andere Pilger traf, sollte sich das doch bald ändern. Erst traf ich in einer Bar auf bekannte Gesichter der letzten Tage und später kamen mir Leute entgegen, die aus Muxia nach Finisterre und somit in die entgegengesetzte Richtung liefen. Dabei war es immer wieder witzig, wenn ich auf Leute stieß, die ich auf meiner Reise bereits getroffen hatte. Somit blieb ich häufiger stehen und unterhielt mich kurz mit den Pilgern, die ich von den letzten Wochen kannte.
Kurz vor Muxia kam ich dann noch an einem schönen kleinen Strand vorbei. Da ich es nicht mehr weit hatte, ließ ich mich von den 16 Grad Außentemperatur nicht abschrecken, stieg zum Strand hinab und ging eine Runde im Meer baden. Neben mir waren lediglich drei andere Leute am Strand, die es sich auf dem Sand bequem gemacht hatten und die Wellen anschauten. Als sie sahen, wie ich ins Meer zum Baden ging, jubelten sie mir regelrecht zu und freuten sich, dass immerhin einer bei diesen Temperaturen ins Wasser ging.
Nach meinem kurzen Bad in den doch sehr großen Wellen trocknete ich mich ab und zog schnell wieder warme Kleidung an. Danach machte ich mich wieder auf den Weg, die restlichen Kilometer bis nach Muxia zu absolvieren.


Kurz vor dem Ort holte ich noch zwei Pilger ein, die ich aus den letzten Tagen kannte. Der eine war der Pilger aus Lettland, mit dem ich bereits zwei Abende zusammen gegessen hatte und die andere war eine jüngere Pilgerin aus Südkorea, mit der ich vorgestern einige Zeit zusammen gelaufen war. Wir liefen die restlichen Meter zusammen und kehrten dann gemeinsam in einer Pilgerunterkunft ein.



Nachdem wir unsere Betten bezogen und unsere Sachen dort abgestellt hatten, liefen wir zur Küste. Dort schauten wir uns die Kirche an und bestaunten die Felsen und das Meer. Irgendwie fühlte es sich hier mehr nach einem Ende der Welt an. Außer einigen wenigen Pilgern, waren kaum Leute unterwegs und die rauen Wellen zeigten, dass man hier doch direkt am Ozean war. Obwohl ich noch keinen Rückflug gebucht hatte und somit nicht wusste, ob meine Reise hier überhaupt enden sollte, fühlte es sich auch für mich wie ein Ende an diesem ruhigen Ort an.




Nachdem wir die Zeit ein wenig genossen hatten, gingen wir gemeinsam nochmals in einem Restaurant typisch galizisch essen. Wir gönnten uns ein letztes Mal einen Teller Pulpo mit Pommes und Salat. Dabei unterhielten wir uns über die letzten Tage und stießen gemeinsam auf das Ende unsere Reise an. Nach dem Essen ging es dann auch schon wieder zurück in die Unterkunft und wir gingen schlafen.
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