Tag 115 – Muxia nach Santiago de Compostela – Montag 23.10.2023
Manchmal frage ich mich, wie laut Menschen eigentlich schnarchen können. Heute waren zwei Leute im Schlafsaal, welche regelrecht wie ein Walross geschnarcht und somit alle Leute wachgehalten haben. Sobald einer der beiden kurz aufhörte, fing der andere wieder an. Somit hatte ich in der Nacht kaum geschlafen. Trotzdem stand ich um halb 8 auf und packte meine Sachen zusammen. Während ich in der Küche einen Kaffee trank, durchstöberte ich die Flugangebote für meine Rückreise. Nach kurzer Zeit buchte ich mir dann einen Flug für Mittwoch, welcher von Santiago direkt nach Memmingen fliegen wird. Somit hatte ich nun also noch zwei Tage Zeit. Da dies leider zu wenig war, um von Santiago zurückzulaufen, musste ich den Bus nehmen. Den ersten Bus des Tages hatte ich bedauerlicherweise bereits verpasst und der nächste kam erst um 15:15 Uhr. Jetzt hatte ich also einige Zeit in Muxia.
Ich lief zu einem Café am Hafen und bestellte mir dort ein kleines Frühstück. Kaum hatte ich mich gesetzt, kam eine Frau auf mich zu und meinte, sie kenne mich doch. Tatsächlich hatte ich Miriam vor knapp 2 Monaten in einer Herberge in Frankreich getroffen. Während sie dort übernachtet hatte, war ich nur für einen kurzen Zwischenstopp zum Kaffeetrinken in der Herberge gewesen. Sie setzte sich zu mir und wir unterhielten uns über unser Erlebtes. Im Gegensatz zu mir, war sie über den bekanntesten Jakobsweg, den Frances nach Santigo gekommen und trotzdem trafen wir uns hier wieder, was wir beide schon ganz witzig fanden. Sie schaute kurz in ihrem Handy nach und wir hatten uns tatsächlich das einzige Mal am 29. August getroffen.
Nach zwei Tassen Kaffee und einem ausgiebigen Gespräch machte sie sich dann aber wieder auf den Weg, da sie zu einer Unterkunft ein paar Orte weiter laufen wollte. Dort wollte sie die nächsten 4 Tage verbringen, um das Erlebte zu verarbeiten, bevor sie wieder zurück zu ihrer Familie und ihrem Beruf in die Niederlande müsse.
Ich hingegen machte mich nochmals auf den Weg zum Meer. Dort setze ich mich auf einen Stein und genoss die letzten Stunden am rauen Atlantik.

Gegen halb 3 holte ich meine Sachen in der Unterkunft ab und lief zur Bushaltestelle. Bevor ich dort ankam, traf ich nochmals auf den Schweizer Christopher mit seiner Hündin Vera. Auch mit ihm unterhielt ich mich eine Weile, was seit dem letzten Treffen passiert ist und was seine weiteren Pläne seien. Bald wurde es für mich aber Zeit zu gehen, da der Bus bereits eingetroffen war und die ersten Leute schon einstiegen. Wir, die doch beide am selben Tag von zu Hause aus gestartet waren, wodurch wir uns direkt gut verstanden hatten, verabschiedeten uns voneinander und ich wünschte ihm noch viel Glück auf seiner weiteren Reise in den Senegal.
Dann stieg auch ich in den Bus nach Santiago und erblickte auch hier direkt einige bekannte Gesichter. Die Busfahrt hingegen war doch schon speziell. Über die 1,5-stündigen Fahrt wurde kein Wort gesprochen und jeder ließ die letzten Wochen reviewe passieren. Für mich war die Fahrt an sich auch ein komisches Gefühl. War ich die letzten 4 Monate doch ausschließlich zu Fuß oder per Boot unterwegs gewesen, war die rasante Geschwindigkeit fast ungewohnt. Und dann hielt er weder an einer schönen Aussicht an, noch machte er an einer der Bars halt, um dort entspannt einen Kaffee trinken zu konnten. Das war ich aus den letzten Monaten doch anders gewohnt und somit vermisste ich das ruhige Laufen bereits nach 30 Minuten und wünschte mir wieder zu Fuß durch die Landschaft zu wandern.
In Santiago angekommen, stieg ich aus dem Bus aus, nahm mein Gepäck und machte mich auf den Weg zu meiner heutigen Unterkunft. Nachdem ich mein Gepäck dort abgestellt hatte, lief ich erneut durch die Stadt, schaute mir nochmals die Kathedrale von außen und von innen an und ging danach in einer Pizzeria essen. Später kehrte ich in meine Unterkunft zurück und ging schlafen.

Tag 116 – Santiago de Compostela bis O Naval de Abaixo (14,4 km) – Dienstag 24.10.2023
Nach einer ruhigen Nacht packte ich auch heute wieder alles zusammen, um Santiago erneut hinter mir zu lassen. Für die kommende Nacht hatte ich mir ein Zimmer in einem Hotel direkt am Flughafen gebucht, von wo aus ich morgen die Heimreise antreten wollte. Da es nicht besonders weit zum Flughafen war und dieser auch noch fast am Jakobsweg lag, wollte ich zu Fuß hin laufen.
Leider war auch heute wieder strömender Regen angesagt. Ich lief zum erst besten Café und frühstückte dort. Danach machte ich mich wieder mit Regenjacke auf den Weg. Irgendwie war es schon ein komisches Gefühl, den Jakobsweg in die andere Richtung zu laufen und für einen kurzen Moment überlegte ich mir, ob ich nicht doch einfach nach Hause laufen sollte.
Alle paar Minuten kamen mir Pilger entgegen, die heute in Santiago eintreffen werden. Immer wieder grüßten sie mich mit „Buen Camino“ und ich grüßte freundlich zurück. Eine Frau fragte mich freundlich, ob ich wisse, wo ich hinlaufe, da der Jakobsweg in die andere Richtung ging. Ich erklärte ihr, dass ich bereits dort gewesen sei und nun zum Flughafen laufe. Dann lief ich weiter durch den strömenden Regen. Während ich also in die „falsche“ Richtung lief, merkte ich auch, dass ich doch schneller als viele andere Pilger unterwegs war. Denn ab und an traf ich sogar Pilger an, welche ich von meiner bisherigen Reise kannte und die heute erst in Santiago eintreffen werden. Somit kamen sie fast eine Woche nach mir dort an, obwohl ich manche von ihnen erst in Spanien kennengelernt habe.


Als ich dann kurz vor meinem Hotel stand war ich 13 km gewandert. Somit hatte ich auf meiner Reise bisher 2999 km absolviert. Da ich mir die 3000er Marke aber nicht nehmen lassen wollte, lief ich nochmals eine kleine Schleife und machte somit tatsächlich noch die 3000 km voll. Danach ging ich in das Hotel und bereitete meine Rückreise vor. Meine halbvolle Gaskartusche gab ich an der gegenüberliegenden Tankstelle ab und ich sortierte meine restlichen Sachen im Rucksack so um, dass sie für den Flug vorbereitet waren.
Am Abend aß ich ein letztes Mal ein Pilgermenü im Restaurant und ging dann früh schlafen.
Tag 117 – O Naval de Abaixo bis Jöhlingen – Mittwoch 25.10.2023
Um 6 Uhr stand ich auf, packte alles zusammen und verließ das Hotel. Da der nächste Bus zum Flughafen erst in 15 Minuten kommen sollte und es nur 2 km zum Flughafen waren, lief ich mal wieder zu Fuß los. Im Dunkeln ging ich der Straße entlang und erreichte schon bald den Flughafen.
Dort gab ich meinen Rucksack als Gepäck auf und gönnte mir nach der Sicherheitskontrolle ein Frühstück. Dann musste ich leider noch ein bisschen warten. Kurz nach 9 Uhr war das Flugzeug dann auch bereit und ich stieg, so wie viele andere Pilger, in den Flieger nach Memmingen ein.
Nach einem entspannten Flug kamen wir nach 2,5 Stunden in Memmingen an. Das Gepäck war an dem kleinen Flughafen auch schnell da und somit verließ ich das Gebäude auch schon bald wieder.
Da mein Zug erst in einer Stunde ging, machte ich mich auch hier wieder zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof. Von hier aus ging es dann über Ulm, Stuttgart und Durlach in meine Heimat nach Jöhlingen. Die letzten Meter vom Bahnhof zu meiner Wohnung legte ich natürlich auch zu Fuß zurück und somit stand ich nach wenigen Minuten wieder da, wo meine Reise vor fast 4 Monaten begonnen hatte. Irgendwie war es schon ein komisches Gefühl, nun wieder vor meinem Zuhause zu stehen. Mit dem letzten Schritt durch die Haustür endete meine Pilgerreise hier also endgültig.
Das war also mein Jakobsweg 2023.
Rückblick
Zum Abschluss meiner Reise kommt hier nochmals ein kleiner Rückblick.
Seit meinem Start am 1. Juli 2023 war ich fast 4 Monate unterwegs und habe 3000 km zurückgelegt. Dabei wanderte ich in 4 verschiedenen Ländern.
Zuerst lief ich von zu Hause aus durch Deutschland, folgte der Rheinebene und erreichte in Basel dann die Schweiz. Von hier aus ging es durch das Jura und entlang der größten Seen der Schweiz bis nach Genf, wo ich dann nach Frankreich wechselte.
In Frankreich war ich dann eine ganze Weile unterwegs. Zuerst in Richtung Le Puy-en-Velay und dann weiter durch das Zentralmassiv bis nach Saint-Jean-Pied-de-Port an der Grenze zu Spanien.
Von hier aus ging es für mich weiter in den Norden, wo ich in Irun dann zum ersten Mal auf meiner Reise auf den Atlantik traf und die Grenze nach Spanien überquerte.
Ich folgte der Küste mit ihren vielen schönen Sandstränden für einige Zeit, ehe ich dann kurz vor Gijon abbog und durch das Gebirge weiterlief.
Danach erreichte ich dann nach knapp 2850 km auch schon mein lang ersehntes Ziel „Santiago de Compostela“.
Wie viele andere Pilger auch, wanderte ich von hier aus dann noch weiter ans Meer nach Finisterre und Muxia, wo meine Reise dann für mich endete.

Hier noch ein paar Fakten:
- Tage unterwegs: 114
- Tage gelaufen: 110
- Pausentage: 5
- Gelaufene Kilometer: 2986 (nur bis Muxia gerechnet)
- Km pro Tag: 27,3 (Pausentage nicht berücksichtigt)
- Höhenmeter: 65840
- Höhenmeter pro Tag: 598,5
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