Abwechslungsreich Wüste – Meile 78 bis 179

Tag 5 – 18,4 km – Mittwoch 01.05.2024

Die Nacht war doch windiger als gedacht und somit bin ich häufig aufgewacht. Immerhin konnte ich dabei den Sternenhimmel anschauen. Um 5:45 Uhr stehe ich wieder auf und packe alles zusammen. Da ich kein Zelt aufgebaut hatte, war ich schnell fertig. Nach einem Frühstück und Kaffee geht es weiter.

Während rechts langsam die Sonne aufgeht, kann ich links noch Wolken sehen, die in den Bergen hängen.

Bereits nach kurzer Zeit komme ich an der Straße an, von wo aus ich nach Julian trampen will. Noch während ich an der Straße entlang in Richtung Kreuzung laufe, fährt eine Frau an mir vorbei und fragt mich, ob ich nach Julian muss. Kurze Zeit später sitze ich bei ihr im Auto. Sie fährt jeden Tag mehrmals vom Trail nach Julian und wieder zurück, um Hiker abzusetzen. Wir nehmen noch einen anderen Hiker unterwegs mit und fahren dann ca. 20 Minuten bis nach Julian. Dort lässt uns die Frau dann raus.

Im Ort angekommen, treffe ich direkt auf andere Hiker. Unter anderem die zwei Amerikaner, die ich in den letzten Tagen bereits gesehen hatte. In einem Café gehen wir frühstücken und somit gibt es seit langem Mal wieder ein richtiges Essen. Während die zwei nur noch zwei Tage auf dem Trail unterwegs sein werden, habe ich noch einiges an Strecke vor mir.

Nach dem Essen verabschiede ich mich von ihnen und schaue nach einem Supermarkt, wo ich Essen für die nächsten Tage einkaufen möchte. Als ich mich kurz auf eine Bank gesetzt habe kommt Pete, eine Hiker aus Großbritannien, der mit mir losgelaufen ist, zu mir. Wir unterhalten uns über die bisherigen Abschnitte. Tatsächlich war er im gleichen Tempo wie ich unterwegs. Er sei aber bereits gestern Abend in den Ort gefahren und habe dort übernachtet. Da er seine Zeltstange verloren hatte, musste er die letzten Nächte Cowboys Campen. Er empfiehlt mir einen Hikerladen gegenüber, da die Lebensmittel dort günstiger seien. Somit entschließe ich mich dort hin zu gehen. Pete begleitet mich dabei, da auch er noch Essen benötigt.

Ich kaufe Nahrungsmittel für 5 Tage und eine neue Sonnenbrille, da meine bereits am ersten Tag an der Seite gebrochen ist. Danach fülle ich die Sachen um und packe sie in meinen Essenssack. Mit vollem Rucksack gehe ich zur Townhall, da es dort angeblich WLAN geben soll und ich die letzten Tage auf dem Blog veröffentlichen möchte. Nach einiger Zeit habe ich alles fertig geschrieben und lade noch die letzten Bilder hoch, da kommt wieder Pete vorbei. Kurze Zeit später gehen wir gemeinsam zu Omas Küchengeschäft, einem kleinen Laden in dem man als PCT Hiker angeblich kostenlos ein Stück Apfelkuchen bekommen soll. Tatsächlich bekommen wir Eis, Kaffee und Kuchen. Ich habe mich für ein Stück Apfelkirschkuchen entschieden. Im Geschäft treffen wir auch auf andere Hiker, die bereits an einem Tisch sitzen. Darunter viele bekannte Gesichter der ersten Tage. Wir setzen uns zu ihnen und schnell wird sich ausgetauscht. Die meisten sind gerade eben erst eingetroffen und somit etwa einen halben Tag hinter mir und Pete unterwegs. Es werden viele Bilder von Klapperschlangen herumgezeigt und auch sonst werden einige Informationen ausgetauscht. Als die meisten sich auf den Weg zum Einkaufen machen, gehe ich wieder die Rückreise zum Trail an.

An der Straße treffe ich auf eine Gruppe von Franzosen, die auch bei Scout und Frodo waren. Bereits nach wenigen Minuten trampen, sitzen wir alle in einem Auto auf dem Weg zum Trail. Der Fahrer ist ganz nett und hat angeblich einen Freund, der manchmal am Trail Trinken an Hiker verteilt. Er selbst sei aber auf dem Weg zu einem Musikcamp. Als wir am Trail ankommen treffen wir dann tatsächlich den Freund des Fahrers an, worüber sich alle freuen.

Nachdem ich mich von den anderen verabschiedet habe, mache ich mich nochmals auf den Weg zurück. Da ich heute morgen etwa 1,5 Kilometer weiter vorne abgefangen wurde, möchte ich diesen Weg noch zurück gehen, um auch wirklich den kompletten weg gelaufen zu sein. Meinen Rucksack lasse ich bei einer Gruppe von Hikern, die unter einer Brücke Schutz vor der der Sonne suchen. Ohne Rucksack ist das Laufen so einfach, dass ich mich dazu entscheide die Strecke zu joggen. Schnell habe ich die jeweils 1,5 Km zurückgelegt.

Nach dieser kurzen Sporteinheit, laufe ich gegen 3 Uhr mittags endlich wieder los. Mein Aufenthalt in Julian war doch länger als geplant und somit bin ich mir nicht sicher, ob ich trotzdem die 10 Meilen (16 km) schaffen werde.

In der heißen Mittagssonne laufe ich schnellen Schrittes den Berg hinauf. Der Anstieg zieht sich ziemlich in die Länge, aber immerhin wird die Aussicht immer besser.

Weiter oben geht es dann vermehrte am Hang entlang um die Berge herum. Immer wieder sehr ich Kakteen und bekomme einen Blick auf das Tal vor mir.

Da ich schnell unterwegs bin und keine Pausen mache, lege ich dann doch nochmals 16 km am Nachmittag zurück, bevor ich um kurz vor 19 Uhr mein Lager auf einem Hügel aufschlage. Da ich gestern von unten auf diese Berge sehen konnte und dort die Wolken hingen, entscheide ich mich dazu heute Mal wieder mein Zelt aufzubauen.

Zuerst koche ich mir aber noch etwas zu Essen. Dabei geht neben mir schon langsam die Sonne unter und bis mein Zelt dann endlich steht, ist es schon ziemlich dunkel.

Tag 6 – 37,4 km – Donnerstag 02.05.2024

Wieder stehe ich um 5:45 auf, packe alles zusammen und frühstücke, während langsam die Sonne aufgeht.

Dann laufe ich los und es geht lange Zeit ähnlich weiter wie gestern. Immer leicht auf und ab.

Bereits nach kurzer Zeit treffe ich auf das Lager, welches ich gestern eigentlich angepeilt hatte. Dort packt gerade noch ein Hiker seine letzten Sachen zusammen. Als ich ihn Frage wie es ihm geht, meint er ziemlich schnell, dass er leider kein Wasser mehr habe und bis zur nächsten Möglichkeit zum Auffüllen, sind es noch 12 km. Kurzerhand gebe ich im die Hälfte meines übriggebliebenen Wassers ab. In den Morgenstunden sollten wir das beide auch jeweils mit einem halben Liter schaffen.

Schnell mache ich mich wieder auf den Weg, um in den kühlen Temperaturen noch einiges an Strecke zu machen.

Es geht weiter durch die schöne Landschaft und neben mir kann ich öfters in die Ferne blicken. Auch heute sehe ich wieder viele Kakteen, Eidechsen, Hasen und Schlangen.

Nach knapp über der Hälfte der Strecke bis zur nächsten Wasserstation, trinke ich meinen letzten halben Liter und laufe weiter. Mittlerweile ist es in der Sonne schon richtig warm und es wird immer heißer. Umso froher bin ich, als ich endlich das Schild auffinde, das mich zum Wasser schickt. Es geht für kurze Zeit vom Weg ab und etwas hinunter zu einer Straße. Dort finde ich dann eine ganze Menge Wasser, das von Freiwilligen bereitgestellt wird. Da es von hier aus wieder eine ganze Weile dauern wird, bis ich erneut Wasser bekommen kann, fülle ich mir 2 Liter Wasser ab und trinke einen direkt vor Ort. Somit sollte ich weitere 15 km in der heißen Sonne laufen können.

Es geht eine ganze Weile weiter am Hang entlang. Zwischendrin bekomme ich dann wieder eine schöne Klapperschlange zu Gesicht. Obwohl ich dieses Mal rechtzeitig abbremsen und somit einige Meter vor ihr anhalten konnte, fängt sie an zu klappern und zischt mich an. Das klappern ist deutlich lauter als erwartet und ein wirklich gutes Warnsignal für Wanderer wie mich. Schnell trete ich einige Meter zurück und bald darauf macht sich die Schlange wieder auf den Weg ins Gebüsch. Als sie weit genug vom Weg entfernt ist, laufe ich schnell an ihr vorbei.

Nach einer kurzen Pause im Schatten folgt ein längerer Abstieg. Schon von weitem kann ich die Straße sehen, zu der ich hinunter muss. Immerhin ist das runter laufen bei diesen Temperaturen angenehmer als das Aufsteigen. Nach 25 km komme ich gegen 13 Uhr an einem Camp vorbei, bei dem es fließendes Wasser aus einer Tränke gibt. Dort lege ich mich direkt für einige Minuten in den Schatten und mache einen kurzen Mittagsschlaf, um die Beine auszuruhen. Danach unterhalten ich mich mit zwei Hikern, die auch gerade hier sind. Überraschenderweise kommt dann noch ein Mann vorbei und fragt uns, ob wir etwas zum Trinken oder essen wollen. Er habe einiges für Hiker dabei und verbringe heute den ganzen Tag hier, um den Leuten eine kleine Abkühlung zu geben.Kurze Zeit später sitzen wir mit Gemüse (Paprika, Gurke, Tomate), Colas und Milchreis im Schatten und freuen uns über das gute Essen. Nach so langer Zeit in der heißen Sonne, schmeckt alles besonders gut.

Während wir die Sachen verspeisen unterhalten wir uns und lassen es uns im Schatten gut gehen.Später wasche ich mir noch mit dem Wasser aus der Tränke den Schmutz der letzten Tage ab und reinige meine Kleider. Nachdem die Sachen in der Sonne getrocknet sind, bedanke ich mich herzlich bei dem Mann für das Essen und Trinken, verabschiede mich von allen und laufe wieder los. Nach den knapp 1,5 h Pause möchte ich am Nachmittag noch einige Kilometer machen. Angepeilt habe ich einen Platz am Bach kurz vor Warner Springs. Die 12 Kilometer sollte ich in drei Stunden schaffen.

Nachdem ich die Straße überquert habe geht es zuerst durch Gras und auf einmal finde ich mich in großen Kuhweiden wieder. Lange Zeit laufe ich durch das hohe Gras und sehe in der Ferne auch immer wieder Kühe grasen. So wirkt es fast ein wenig suspekt, dass ich hier Kühe antreffe. Vor einigen Stunden war ich noch in kargen Wüstenlandschaften unterwegs und hier wachsen Bäume und grünes Gras.

Nach etwa zwei Stunden komme ich am Adlerstein, einer bekannten Felsformation der Region vorbei. Tatsächlich sieht die Gesteinsformation wie ein Adler aus. Angeblich war dies ein wichtiger Ort der Ureinwohner der Gegend, um sowohl Feiern und Feste, als auch Opfergaben darzubringen. Ich schaue mir die Steine einige Minuten an und laufe danach aber wieder schnellen Schrittes weiter, da ich noch knapp 4 Kilometer vor mir habe.

Nach einem letzten kurzen Abschnitt durch den Wald, komme ich am angepeilten Platz an. Anscheinend gehen die meisten Leute weiter bis zum nächsten Camp oder halten wo anders. Denn obwohl es direkt am Weg liegt, ist außer mir niemand da und danach kommt auch niemand mehr vorbei. Eigentlich wollte ich hier heute wieder Cowboy Campen. Da ich während dem Zubereiten des Abendessens aber von Moskitos genervt werde, baue ich doch mein Zelt auf und ziehe mich nach dem Essen dorthin zurück, um auch bald einzuschlafen. Immerhin ist es schon wieder halb 8 und die Sonne bereits untergegangen.

Tag 7 – 29 km – Freitag 03.05.2024

Die Nacht war sehr kalt. Als ich am Morgen aufwache, bin ich froh, dass ich im Zelt liege. Ich packe meine Sachen zusammen und frühstücke noch kurz. Es ist so kalt, dass ich meine Daunenjacke anhabe und beim Kaffeetrinken durch die Gegend laufe, damit mir nicht kalt wird.

Dann mache ich mich auf den Weg. Es geht kurz am Wasser entlang. Dann überquere ich eine Straße und danach geht es weiter über eine große Wiese. Vor mir kann ich einige Berge sehen, deren Spitzen aus den Wolken emporragen.

Ich laufe einige Zeit mit einer jungen Frau aus Arizona, für die die Gegend hier wie zu Hause aussieht. Nach einiger Zeit geht es dann im Wald am Wasser entlang. Hier überquere ich immer wieder den kleinen Fluss, wo ich öfters mein Wasser auffüllen kann.

Bald wird der Weg wieder steiler und ich laufe immer weiter nach oben. Die Bäume nehmen ab und somit bekomme ich einen guten Blick auf die Landschaft um mich herum.

Zwischendrin bekomme ich eine weitere Klapperschlange zu Gesicht. Immerhin schon meine dritte. Ansonsten treffe ich auf dem Weg wieder Hasen, Schlangen, Eidechsen etc. an.

Nach einem längeren Anstieg komme ich um kurz vor zwölf an einem Camp vorbei. Hier finde ich ein schattiges Plätzchen unter einem Strauch, wo ich mich niederlasse. Ich breite meine Isomatte aus und lege mich in den kühlen Schatten. Kurze Zeit später kommt ein Kanadier vorbei. Er möchte an einer etwas entfernten Wasserstellen seine Reserven für die weitere Strecke auffüllen. Da ich gelesen habe, dass es eher ein stinkender Tümpel sein soll, verzichte ich darauf und mache lieber einen kurzen Mittagsschlaf. Als er zurückkehrt, meint er nur, dass es wirklich nicht das beste Wasser sei, aber man es nach dem filtern gut trinken können. Wir unterhalten uns noch etwa eine halbe Stunde, bevor ich mich dann wieder auf den Weg mache. Ich habe zwar nur noch einen halben Liter Wasser für 12 km, aber ich hoffe zwischendrin eine Stelle zum Auffüllen zu finden und ansonsten werde ich es auch mit dem halben Liter schaffen.

In der warmen Mittagssonne laufe ich immer weiter den Berg hinauf. Immerhin weht ein erfrischender Wind und somit ist es nicht ganz so erdrückend. Ich versuche meinen Puls bei 130 zu belassen, da ich dann weniger Schwitze und kaum etwas trinken muss. Nach etwa 7 km finde ich dann tatsächlich eine Stelle, an der ich mein Wasser auffüllen kann. Unter einem Stein gibt es ein kleines Loch mit kaltem und leckerem Wasser.

Nachdem ich einiges getrunken und meine Flasche gefüllt habe, laufe ich weiter. Mein nächstes Ziel ist Mikes Haus, das irgendwo im nirgendwo steht und einem Taccohersteller gehört, der sein Anwesen zum Campen und Wasserauffüllen bereitstellt.

Nach einigen weiteren Kilometern komme ich dort an und treffe direkt auf eine große Gruppe von Hikern, die sich hier gerade ausruhen. Neben Wasser gibt es auch eine erfrischende kalte Cola. Ich setzte mich einige Zeit zu Pete, dem einzigen Hiker, den ich von den ersten Tagen sehen kann. Gerade als wir uns wieder auf den Weg machen wollten kommt der Besitzer des Hauses. Wie wir gelesen hatten, ist das ein sehr gutes Zeichen. Anscheinend kommt er ab und an hier vorbei und grillt für die Hiker. Kurze Zeit später werden alle eingebunden, um das Essen vorzubereiten. Auf dem Grill werden Hähnchen, Würste, Reis und Bohnen zubereitet. Das Essen riecht schon richtig gut mein Hunger wird immer größer. So wie mir geht es auch den anderen Leuten hier. Als es dann endlich fertig ist, holt sich jeder von uns etwas zum Essen und wir verspeisen gemeinsam die leckere Mahlzeit. Dazu gibt es noch eiskaltes Bier, dass der Besitzer für uns mitgebracht hat.

Eigentlich wollte ich heute noch ein paar Kilometer laufen, was ich dann aber doch seinlasse. Stattdessen trinke ich lieber mit den Leuten hier Bier. Kurz vor 8 Uhr, baue ich mein Zelt auf und gehe dann, so wie die anderen auch, wieder schlafen.

Tag 8 – 39,2 km – Samstag 04.05.2024

Wieder klingelt der Wecker um 5:45. Noch im Schlafsack hole ich das Tagebuch von gestern nach. Dann stehe ich auf und baue das Zelt ab. Die anderen sind schon fast alle unterwegs und lediglich drei Leute sind noch da, wobei ich nur einen sehen kann. Von den anderen beiden stehen noch die Rucksäcke fertig gepackt bereit.

Ich laufe vom Haus wieder etwas nach oben und fülle mein Wasser auf. Heute gibt es erst in 19 Meilen (30km) eine verlässliche Wasserstation an einem Hostel. Am Wassertank treffe ich noch zwei Hiker, die 6 Liter Wasser mitnehmen, da sie nicht wissen, ob sie die Strecke heute schaffen. Ich frühstückte noch kurz und fülle mir dann 4 Liter ab, die bis zum Hostel locker reichen sollten. Dann trinke ich nochmals einen Liter auf ex und laufe los.

Am Morgen ist es noch ziemlich frisch und somit starte ich heute mit Pullover in den Tag. Bald steigt die Sonne aber über die Hügel und es wird schnell wieder warm, weshalb ich den Pullover ausziehe und Sonnencreme auftrage. Am Anfang des Tages geht es die meiste Zeit Recht entspannt bergab. Obwohl der Weg teilweiße sehr zugewachsen ist, komme ich gut voran.

In der Ferne kann ich bereits die ersten schneebedeckten Berge sehen. Komischerweise treffe ich unterwegs kaum Leute an. Obwohl fast alle vor mir losgelaufen sind, komme ich an kaum jemandem vorbei. Heute fällt mir das Laufen sehr einfach und schon bald habe ich die ersten 10 Meilen (16km) absolviert. Mittlerweile komme ich mit dem imperialen System einigermaßen zurecht, auch wenn ich es nich immer schwer finde spontan abzuschätzen, wie lange ich zum Beispiel für 7 Meilen brauche.

Nachdem ich gegen halb 12 dann bereits einen großen Teil meiner Strecke geschafft habe, lege ich mich etwas in den Schatten eines Busches und ruhe mich aus. Danach geht es in der mittlerweile heißen Sonne wieder weiter. Immerhin weht ein bisschen Wind, was das Laufen angenehmer macht. Während ich durch die Gegend wandere, betrachte ich mir die vielen verschiedenen Kakteen und einige Tiere, die ich auch heute antreffe.

Meinen Klapperschlange-Zähler kann ich auch heute wieder erhöhen und somit bin ich mittlerweile schon bei 4. Dieses Mal ist es aber nur eine kleine Klapperschlange, die anscheinend gerade eingeschlafen war. Lange bleibt sie regungslos liegen und als ich einmal mit dem Stock auf den Boden stampfe, fängt sie leise an zu klappern und schleicht ins Gebüsch, ohne mich anzufauchen.

Am Nachmittag treffe ich dann doch noch einen Hiker an, der gestern auch bei Mikes Haus war, aber bereits um 6 Uhr und somit über eine Stunde vor mir losgelaufen war. Nach einigen weiteren Kilometern steige ich vom PCT zum Hostel, das weiter unten im Tal ist ab. Dort treffe ich zwar auch wieder viele Leute an, aber fast alle sind neue Gesichter. Während ich mir eine Cola und eine Packung Chips gönne, trudeln allmählich auch weiter Leute ein, die ich anscheinend überholt haben muss, ohne sie überhaupt gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatten sie sich gerade irgendwo in den Schatten abseits des Weges gelegt.Ich bleibe fast eine Stunde im Hostel und ruhe mich dort aus. Da es aber erst halb 5 ist, fülle ich meine Wasserreserven auf und mache mich erneut auf den Weg. Alle andern wollen im Hostel bleiben, da die 20 Meilen (32km) für sie schon zu viel waren.

Ich laufe dahingegen wieder den Berg hinauf zum Trail und setze meine Wanderung fort. Nach wenigen Metern auf dem Pfad, unterhalte ich mich eine Weile mit einem Mann, der auch lieber im Zelt auf dem Trail als im Hostel übernachten möchte. Danach geht es für mich nochmals knapp 1,5 Stunden weiter, bevor ich nach fast 40 Kilometern einen geeigneten Zeltplatz finde. Hier baue ich mein Zelt auf, koche mir mein Abendessen und gehe danach dann auch direkt schlafen, da es schon wieder dunkel ist und ich meinem Körper genügend Zeit zur Erholung geben möchte.

Tag 9 – 33,7 km – Sonntag 05.05.2024

In der Nacht hat es viel geregnet und es war sehr stürmisch. Am Morgen regnet es noch immer und ich habe wenig Lust aufzustehen, da ich weiß, dass ich dann ein nasses Zelt im Regen einpacken darf. Trotzdem stehe ich kurze Zeit später auf und bin bald in Regenjacke und Regenhose unterwegs.

Da es so stürmisch ist, wird mir der Regen von vorne ins Gesicht geweht. Die Hände sind bald eiskalt und ich entscheide mich spontan dazu, zu einem Café zu laufen, dass etwa 3 km entfernt ist. Dort möchte ich mich aufwärmen und auf besseres Wetter hoffen. Bis ich dort ankomme, dauert es aber noch eine Weile und durch den Regen bin ich dann ziemlich durchnässt.

Als ich pünktlich um 8 Uhr zur Öffnungszeit ankomme, treffe ich direkt auf einige Hikern, die ich bereits kenne und die gestern noch bis zum Cafe gelaufen sind, um unter dem Dach zu übernachten. Die bemitleiden mich ziemlich, dass ich bei diesem Sturm im Zelt übernachten und dann heute morgen hier her laufen musste. Immerhin öffnet das Café direkt und ich sitze mit den anderen am Tisch und wärme meine Hände an der warmen Kaffeetasse auf. Dann gibt es noch ein leckeres Spinat-Feta-Omlett. Während dem ausgiebigen Frühstück unterhalten wir uns über verschiedene Themen, wie den weiteren Plänen und der bisherigen Strecke. Es werden aber auch ernstere Themen, wie etwa die Post-Trail-Depression und Breakdowns während dem Wandern, diskutiert.

Als einige aufbrechen, um mit dem Auto in die Stadt zu kommen, mache ich mich auch wieder fertig. Das Wetter ist deutlich besser geworden und da ich noch Essen für zwei Tage habe, möchte ich lieber noch einige Kilometer laufen und von der anderen Seite in die Stadt gelangen. Also bin ich bald wieder unterwegs und laufe Die Straße zurück zum Trail.

Von dort aus geht es ziemlich schnell leicht bergauf. Der Weg ist etwas felsiger als in den letzten Tagen und durch die kühlen Temperaturen fühlt es sich ganz anders an. Bald bekomme ich gute Blicke auf die Umgebung und es geht immer noch weiter hinauf.

Mit zunehmender Höhe bekomme ich den starken Wind immer mehr zu spüren. An einer windstillen Ecke setze ich mich hin und erhole mich ein paar Minuten von dem dauerhaften Anstieg.

Danach geht es weiter hinauf. Bald ist der Wind so stark, dass ich mit dicker Jacke und Handschuhen unterwegs bin. Während ich über einen ausgesetzten Kamm laufe, werde ich durch den Wind immer wieder hin und her geblasen und ich freue mich, als es endlich in einem Wald weitergeht.

Dort treffe ich zwei Schwestern an, die gerade Pause machen und meinen, dass ich ihre heiße Schokolade, die ich wirklich gebrauchen hätte können, gerade verpasst habe. Wie sich herausstellt, sind sie bereits zwei Wochen länger als ich unterwegs und ihr Ziel sei es, die Zeit so gut wie möglich zu genießen. Auch wenn sie in diesem Tempo nicht in Kanada ankommen werden, fand ich ihre Einstellung doch ganz interessant. Bald verabschiedete ich mich aber wieder, da ich noch einige Kilometer vor mir hatte und mein Zelt noch in der Abendsonne aufstellen muss, um es zu trocknen.

Die restlichen Kilometer sind zwar landschaftlich ganz schön, aber ziehen sich auch ziemlich in die Länge. Besonders der letzte Anstieg, der nochmals knapp 300 Höhenmeter bedeutet, fühlt sich nach den bisher schon 1600 zurückgelegten Höhenmetern nicht sehr gut an. Da die Sonne sich aber schon langsam setzt, renne ich trotzdem den Berg hinauf und komme dabei ziemlich in Schwitzen. Oben finde ich dann tatsächlich einen schönen Platz mit einer guten Aussicht, weshalb ich unbedingt hier her wollte. Ich baue schnell mein Zelt auf und lasse es in den letzten Minuten Abendsonne trocknen.

Später kommt noch ein Rich dazu, mit dem ich mich heute schon häufiger unterhalten habe und den ich noch von Scout und Frodo kenne. Wir essen gemeinsam zu Abend und genießen dabei die Aussicht, während wir uns noch ein bisschen austauschen, bevor es dann schon wieder Zeit fürs Bett ist.

Tag 10 – 22,3 km – Montag 06.05.2024

Der Wind war zum Glück in der Nacht ausgeblieben und insgesamt war es wärmer als erwartet. Pünktlich stehe ich auf, um mir noch den Sonnenaufgang bei einem Tasse Kaffee anzuschauen. Zum Essen habe ich leider nichts mehr, da mir die Haferflocken ausgegangen sind. Rich gesellt sich noch kurz zu mir, macht sich dann aber auch bald auf den Weg. Ich genieße noch meine warme Tasse Kaffee, bevor auch ich mein Zelt einpacken und wieder loslaufen.

In der tiefstehenden Morgensonne wirkt die Landschaft um mich herum wieder einmal traumhaft. Ich kann weit in die Ferne sehen und es fühlt sich wirklich an wie im Gebirge.

Lange Zeit geht es an den Bergwand entlang auf und ab. Immer wieder komme ich an toten Bäumen vorbei und teilweiße fliegt Eis, welches sich wahrscheinlich gestern im Sturm an den Bäumen angesammelt hat, auf mich herab.

Nach einigen Stunden laufen, sehe ich dann den ersten Schnee auf meiner Tour und ich finde den Wechsel von staubtrockenem Wüstensand zu Schnee sehr krass. Vor nichteinmal zwei Tagen war ich in Kakteen und Sand unterwegs und jetzt bin ich auf knapp 2000 Metern im Schnee. Immerhin kann ich bald meine Flasche am Schmelzwasser auffüllen, worüber ich mich doch ziemlich freue, da mir langsam das Wasser ausgegangen ist.

Danach geht es noch weiter hinauf und bald erreiche ich den ersten Pass, den es zu überwinden gibt. Hier liegt doch deutlich mehr Schnee als erwartet, aber insgesamt komme ich auch ohne Microspikes gut zurecht. Auf dem teilweise angefrorenen Schnee kann man gut laufen, aber trotzdem komme ich deutlich langsamer voran als erhofft.

Weiter hinten hängt an den Bäumen noch einiges an Eis, welches sich wahrscheinlich durch den Sturm gestern angesammelt hat und wirklich interessant aussieht.

Eigentlich wollte ich heute nur kurz nach Idyllwild absteigen, dort meine Reserven auffüllen und danach wieder zum Trail aufsteigen. Da ich aber nur langsam voran komme, erreiche ich erst gegen 14 Uhr Saddle Junction, von wo aus ich nach Idyllwild absteigen kann, werde ich die Nacht wohl auf einem Campingplatz in Idyllwild verbringen.

Der Abstieg zieht sich ziemlich in die Länge und leider finde ich auch keine Möglichkeit, um in den Ort zu trampen. Somit laufe ich mit einem anderen Hiker die restlichen Kilometer bis zum Campingplatz.

Dort treffe ich tatsächlich auf Toubi, Jussi, Chris und Anna, die ich noch von den ersten Tagen kenne. Wir bauen unsere Zelte auf und entscheiden uns am Abend Würste zu grillen. Davor steht aber endlich Mal wieder Duschen und Kleiderwaschen auf dem Plan. Da ich mich bisher immer nur in Bächen abgewaschen habe und noch keine richtige Dusche seit dem Start hatte, fühlt es sich wie eine richtige Wohltat an, den Dreck der letzten Tage abzuwaschen. Danach gehe ich noch kurz im Supermarkt des Ortes einkaufen, um meine Reserven für weitere 5-6 Tage auf dem Trail aufzufüllen.

Zurück auf dem Campingplatz grillen wir dann alle gemeinsam und trinken dazu das ein und andere Bier. Auch wenn das Grillen teilweise eher einer Feuershow ähnelt, schmeckt das Essen echt gut und es geht sehr witzig zu. Kurz nach 10 Uhr ist dann aber Feierabend und jeder verschwindet wieder in sein Zelt. Während die anderen hier morgen einen Zero-Day, also einen Tag ohne Laufen bzw. einen Pausentag, einlegen, geht es für mich morgen schon wieder weiter.

Übersicht

Hier noch kurz die Karte, wo ich mich gerade befinde. Blau habe ich bereits hinter mir und aktuell bin ich bei Meile 179.

Comments

2 Antworten zu „Abwechslungsreich Wüste – Meile 78 bis 179“

  1. Avatar von WanderFan42
    WanderFan42

    Hallo,

    den Klapperschlangen Counter finde ich gut. 🙂
    Aber noch gefährlicher als die Klapperschlangen sind die Chemtrails auf zwei von den Bilder von Tag 10.
    Ich hoffe du hast keine Steelbeams dabei, die kaputt gehen könnten.
    Vermutlich kam daher auch der Schnee so plötzlich.

    Aber auch krass wie viele Leute du beim Wandern triffst.

    1. Avatar von f.hoehn

      Jap.
      Mehr fällt mir dazu auch nicht ein 😂
      Grüße aus der wieder heißen Wüste
      Flo

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