Tag 98 – 31 km – Freitag 02.08.2024
Heute schlafe ich wieder bis um 7 Uhr und nehme dann nochmals eine angenehme Dusche. Dann packe ich meine Sachen zusammen und gegen 9 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Postamt. Glücklicherweise wurden meine Schuhe bereits geliefert und ich kann diese direkt mitnehmen. Mit den Schuhen im Arm, laufe ich zum Café und frühstücke dort entspannt.
Nach etwa einer Stunde gehe ich zurück zum Motel und probiere die neuen Schuhe an. Sie lassen deutlich besser als die alten und sind ziemlich bequem. Hoffentlich bewähren sie sich auch auf den nächsten Meilen bis Kanada. Die alten Schuhe, welche man sicher noch 200 Meilen tragen kann, lege ich in die Hikerbox, falls jemand spontan Schuhe braucht und die gleiche Größe hat.

Kurz nach 10 Uhr verlasse ich das Motel. Im Supermarkt hole ich mir noch einen Eistee und während ich diesen trinke, versuche ich meine Wanderstöcke wieder einzustellen. Da mir vorgestern erneut ein Stück abgebrochen ist, bin ich mittlerweile auf maximaler Länge, auch wenn es gerade für meine Größe reicht. Bis nach Kanada werden sie hoffentlich noch reichen und dann müssen sie wohl oder übel auf den Müll.
Als ich es dann endlich geschafft habe, mache ich mich endlich auf den Weg zur „Brücke der Götter“, um nach Washington zu gelangen. Bereits nach wenigen Minuten erreiche ich die Brücke und es geht zu Fuß auf die andere Seite. Einen Seitenstreifen für Fußgänger gibt es nicht und somit laufe ich auf der linken Fahrspur über die Grenze. Der Wind weht ziemlich stark und da die Brücke nur aus einem Gitter als Boden besteht, kann ich unter mir das Wasser fließen sehen.

Nach wenigen Minuten erreiche ich dann die andere Seite der Brücke und bin dadurch offiziell in Washington angelangt. Somit trennt mich nur noch dieser State von meinem Ziel Kanada.

Nach der Brücke geht es kurz den Straße entlang und dann biegt der PCT schnell wieder in den Wald ab. Washington begrüßt mich dann auch direkt mit einem 1400 Höhenmeter Anstieg, der mich in der Mittagshitze ziemlich schnell ins Schwitzen bringt. Mein frisch gewaschenes Shirt ist bereits nach wenigen Minuten komplett durchgeschwitzt und in den nächsten Stunden geht es für mich immer weiter den Berg hinauf. Immerhin bin ich die meiste Zeit im Wald unterwegs, was das ganze etwas erträglicher macht.


Trotzdem ist der Anstieg sehr anstrengenden und ich merke, wie einfach die verhältnismäßig flachen Abschnitte in Oregon waren. Nichts desto trotz laufe ich stetig weiter den Berg hinauf. Nach einigen Stunden komme ich dann oben an und bekomme immerhin einen guten Blick zurück.

An einem schattigen Plätzchen mache ich eine kurze Pause und geselle mich zu anderen Hikern, die vom Anstieg ebenso erschöpft sind wie ich. Danach geht es etwas einfacher weiter. Der Weg ist relativ flach und somit komme ich besser voran. Am Ende des Tages geht es für mich dann noch längere Zeit bergab. Zwischendrin gäbe es zwar immer wieder Möglichkeit zum Campen, aber da ich kein Wasser mehr habe muss ich bis hinunter zum nächsten Fluss laufen. Dort komme ich dann gegen 18:30 Uhr an.


Ich fülle mein Wasser auf und koche mir mein Abendessen. Da ich den ganzen Tag keine Moskitos gesehen habe und auch beim Abendessen keine bemerke, entscheide ich mich an einem kleinen Platz direkt am Wasser ohne Zelt zu übernachten. Die meisten größeren Plätze sind schon belegt und da ich keine Lust mehr habe weiterzulaufen, bietet sich das für mich an. Mein Nachtlager habe ich dadurch schnell aufgebaut und kann heute bereits um kurz nach 8 Uhr schlafen gehen. Morgen erwartet mich dann wieder ein Tag mit viel Auf und Ab.
Tag 99 – 43,1 km – Samstag 03.08.2024
Heute hatte ich auch ohne Zelt gut geschlafen. Um 6 Uhr stehe ich auf und packe meine Sachen zusammen. Dann laufe ich los und es geht direkt mal wieder bergauf.


Der Weg selbst ist zwar ziemlich gut, aber der 700 Höhenmeter Anstieg ist trotzdem ziemlich anstrengend. Teilweise geht es steil nach oben und somit komme ich nur langsam voran. Es geht die ganze Zeit durch den Wald und nach dem längeren Anstieg, folgt ein ebenso langer Abstieg auf der anderen Seite.

An einem Aussichtspunkt mache ich eine kurze Pause und laufe danach weiter hinunter bis zu einem Fluss. Dort mache ich mit einigen anderen Hikern Mittagspause. Nach etwa 45 Minuten breche ich wieder auf, da ich einen weiteren 1100 Höhenmeter Anstieg vor mir habe.


Erneut geht es längere Zeit bergauf und trotz des vielen Hinauf, bin ich nicht wirklich kaputt. Unterwegs bekomme ich eine gute Aussicht und kann dabei mal wieder ein Feuer in der Ferne ausmachen.

Der Anstieg dauert einige Zeit und erst gegen 17:30 Uhr komme ich oben an. Von dort aus kann ich einen schönen Berg betrachten.

Ich unterhalte mich eine Weile mit zwei Tagestouristen, die hier campen. Danach steige ich auf der anderen Seite noch zwei Meilen bis zu einem Camp mit Wasserquelle hinab.
Dort baue ich mein Zelt auf und koche mein Abendessen. Dabei treffe ich auch einige PCT-Hiker an, die SOBO (engl.: southbound), also von Nord nach Süd und somit in die entgegengesetzte Richtung wie ich unterwegs sind. Ich setzte mich zu ihnen und hole mir von ihnen einige Infos über die bevorstehende Strecke ein. Nach einem witzigen Abend, gehe ich gegen halb 9 Uhr wieder schlafen.
Tag 100 – 48,5 km – Sonntag 04.08.2024
Um 6 Uhr stehe ich auf und laufe auch direkt los, um die anderen im Camp nicht zu wecken.
Wie gestern, geht es auch heute wieder durch den Wald. Die ersten Meilen geht es entspannt bergab und bald erreiche ich einen kleinen Campingplatz an einer Straße. Hier setze ich mich an einen Picknicktisch und frühstücke ausgiebig.
Danach folgt ein längerer Anstieg, der nicht besonders steil ist und mir somit ziemlich einfach fällt. Nach längerer Zeit komme ich oben an und den restlichen Tag geht es immer wieder leicht auf und ab. Da leider auch heute wieder einige Moskitos unterwegs sind und längere Pausen somit kaum möglich sind, laufe ich mehr oder weniger ohne Pausen den ganzen Tag weiter.



Da ich die meiste Zeit im Wald unterwegs bin, passiert auch nicht besonders viel. Zwar kommen mir immer wieder SOBOs entgegen, aber ansonsten treffe ich nur wenige Hiker an.




An einem kleinen Bach unterhalte ich mich mit einem Niederländer, der langsam genug vom Wandern hat und sich nach dem Ende sehnt. Auch mir macht es heute weniger Spaß und ich hoffe, dass die Landschaft bald wieder etwas spektakulärer wird. Ich laufe noch einige Zeit weiter durch den Wald und als ich nach 30 Meilen keine Lust mehr habe, biege ich an einem Camp ab. Von hier aus kann ich morgen entspannt 5 Meilen zur nächsten Straße laufen und das erste Shuttle nach Trout Lake nehmen, welches um 8:40 Uhr an der Straße abfährt.
Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, setze ich mich zu anderen Leuten und esse mit ihnen gemeinsam zu Abend. Mit der Zeit kommen immer mehr Leute dazu und bald sind alle Plätze belegt. Wir unterhalten uns noch bis um 8 Uhr und dann verschwinde ich in mein Zelt, um morgen wieder ausgeruht zu sein.
Tag 101 – 36,9 km – Montag 05.08.2024
Um kurz nach 1 Uhr hat es angefangen zu Gewittern. Anscheinend waren die Wolken sehr langsam unterwegs, da es bis in die Morgenstunden gedauert hat. Um 5:30 Uhr stehe ich daher auf und packe meine Sachen zusammen. Ich laufe direkt los und verzichte auf ein Frühstück.
Heute geht es für mich nur 5 Meilen bis zur nächsten Straße, wo ich das erste Shuttle nach Trouth Lake erreichen möchte, welches um 8:30 Uhr abfährt. Da ich noch fast 2,5 Stunden Zeit habe, muss ich mich nicht wirklich beeilen und laufe entspannt den längeren Anstieg hinauf.

Nach etwa 400 Höhenmetern komme ich am höchsten Punkt an und von hier an geht es nur noch entspannt bergab. Da ich noch reichlich Zeit habe, koste ich von den vielen Blaubeeren, die am Wegesrand wachsen.
Um kurz vor 8 Uhr erreiche ich die Straße und setzte mich zu anderen Hikern, die ebenso auf das Shuttle warten. Ich mache mir noch Haferflocken.
Das Shuttle kommt auch ziemlich pünktlich und dann geht es mit dem Auto in den kleinen Ort, wo es ein Café und ein Geschäft zum Einkaufen gibt. Ich frühstücke im Cafe und treffe Gonzo, Hudini und Marsupial an, zu denen ich mich zum Essen setze. Danach kaufe ich im Geschäft Essen für die nächsten Tage ein und packe alles in meinen Rucksack. Ich trinke noch eine Cola, esse einen Burrito und hole mir die neusten News zu den aktuellen Feuern. Dann ist es auch schon wieder Zeit, um mit einem Shuttle zurück zum Trail zu fahren. Zum Glück bekomme ich noch einen Platz im Auto um 12 Uhr und somit bin ich nach knapp 4 Stunden zurück auf dem Trail.
Da über 20 Hiker mit zwei Autos zurück gebracht worden sind, fühlen sich die ersten Meter ein wenig wie auf dem Camino an.

Um aus der Menschenmenge raus zu kommen, laufe ich sehr schnell, obwohl es direkt lange bergauf geht. Nach einigen Minuten habe ich die meisten Leute abgehängt und kann ruhig nach oben laufen. Insgesamt sind es mal wieder mehr als 700 Höhenmeter, die ich bei diesem Anstieg zu bewältigen habe. Da ich nur mit einem halben Liter Wasser aufgebrochen bin und es bis zur anderen Seite keine Quelle gibt, muss ich bis dort hin laufen. Trotz meines schweren Rucksacks (voll mit Essen für drei Tage), komme ich gut voran und erreiche bald einen flacheren Abschnitt oben.



Von hier an geht es nur noch leicht bergauf, bevor ich dann endlich an einem kleinen Bach ankomme. Hier fülle ich mein Wasser auf und trinke direkt einen Liter auf ex. Danach geht es immer wieder kurz auf und ab und bald nur noch bergab.
Neben mir bekomme ich eine guten Blick auf einen schönen Berg und zwischendrin muss ich noch einen Fluss überqueren. Zum Glück gibt es ein paar sehr dünne Baumstämme, die mein Gewicht aber gut halten und somit komme ich mit trockenen Füßen auf der anderen Seite an.



Es geht weiter bergab und bald erreiche ich ein paar freie Plätze im Wald. Zuerst überlege ich mir noch etwas weiterzulaufen, aber da der Hunger dann so groß ist, esse ich erstmal etwas. Als ich ein paar SOBO Hiker Frage, wie es mir den Zeltplätzen auf den nächsten Meilen aussieht, wird mir mitgeteilt, dass viele bereits belegt sind. Somit entschließe ich mich dazu hier zu bleiben und nach gerade einmal 22 Meilen den Tag zu beenden.
Während ich esse, kommen noch andere Leute dazu und bald sind auch hier alle Plätze belegt. Nach dem Essen putze ich meine Zähne und schreibe Tagebuch. Dann lese ich noch ein paar Minuten, was ich schon sehr lange nicht mehr gemacht habe, und gehe nach einem entspannten Tag schlafen.
Tag 102 – 42,3 km – Dienstag 06.08.2024
Heute stehe ich wieder um 6 Uhr auf und frühstücke. Danach geht es auch schon wieder im Wald weiter leicht bergab. Der Weg ist einfach zu laufen und somit lege ich die ersten Meilen in kurzer Zeit zurück.

Immerwieder treffe ich heute SOBOs, die mich auf das Feuer hinter mir ansprechend, da mittlerweile anscheinend die Strecke gesperrt wurde und sie nach einer Möglichkeit suchen, den Trail zu verlassen. Anscheinend hatte ich gerade noch Glück, den Abschnitt zu passieren, bevor das Feuer zu groß wurde. An einer Straße sehe ich dann auch die Sperrung und irgendwie fühlt es sich komisch an, aus diesem gesperrten Gebiet zu kommen.

Danach geht es weiter durch den Wald, der mir mittlerweile weniger Spaß macht. Immerhin laufe ich nun schon knapp 3 Tage nur durch Wald und habe selten eine gute Aussicht. Die vielen Moskitos, die auch heute wieder auf mich losgehen, machen das ganze nicht besser. So langsam sehne ich mich doch nach etwas Abwechslung und nach der Ankunft in Kanada. Ich trotte mehr oder weniger durch die Gegend, wobei es immer wieder sanft auf und ab geht.


Gegen Nachmittag bekomme ich dann einen längeren Anstieg, der mich immerhin etwas nach oben führt. Somit bekomme ich auch einen besseren Blick und kann hinter mir Berge und den Rauch des Feuers erkennen.


Es geht weiter steil bergauf und bald komme ich über die Baumgrenze. Ab hier habe ich eine wunderschöne Aussicht und meine Stimmung steigt direkt deutlich an. Es geht weiter bis zu einem Pass, wo ich eine Pause mache und die Aussicht vor mir genieße.



Danach geht es in einer traumhaften Landschaft weiter. Meine Motivation ist wieder zurück und ich freue mich über den schönen Tag, auch wenn der Beginn etwas mühselig war. So sind es doch genau Augenblicke wie diese, die mich zum Wandern bewegen und mich immer wieder ins Staunen bringen.



Fröhlich laufe ich noch einige Meilen weiter, fülle mein Wasser an einem Bachlauf auf und unterhalte mich noch kurz mit einem Deutschen, den ich gestern zum ersten Mal getroffen habe.
Danach laufe ich wenige hundert Meter zu einem Camp. Unterwegs bekomme ich nochmals einen Blick auf den Berg und ich sehe die Rauchwolken, die mittlerweile deutlich größer geworden sind.

Am Camp koche ich mir mein Abendessen und genieße die Ruhe an meinem Platz. Zum ersten Mal seit Tagen bin ich alleine in einem Camp und dass obwohl es ein sehr schöner Platz ist.
Tag 103 – 36,8 km – Mittwoch 07.08.2024
Pünktlich um 6 Uhr stehe ich auf und frühstücke. Am Morgen führt mich der Weg direkt weiter nach oben. Zuerst kurz durch den Wald und dann über kleinere Wiesen. Die Aussicht ist zwar etwas durch den Rauch der Feuer getrübt, aber trotzdem gefällt es mir richtig gut.



In der aufsteigenden Morgensonne geht es über Schneefelder weiter nach oben.

Irgendwann biege ich auf eine alternative Route ab, um einen kleinen Gipfel zu besteigen. Es geht steil bergauf.


An der Abzweigung zum Gipfel lasse ich meinen Rucksack liegen und steige die letzten Meter ohne Gewicht empor. Nach einer letzen Klettereinheit erreiche ich den Gipfel, von wo aus ich einen traumhaften Blick auf die Umgebung habe.



Hier noch ein Panoramablick:

Unter mir kann ich viele Hiker sehen, die dem offiziellen PCT laufen und diesen Gipfel auslassen. Mal wieder Frage ich mich warum, aber kann somit immerhin die Aussicht in Ruhe genießen.
Danach steige ich längere Zeit über Geröll ab und kehre auf den PCT zurück. Von hier aus geht es traumhaft weiter und sowohl rechts, als auch links neben mir geht es oft steil bergab. Endlich bin ich also wieder in den Bergen unterwegs und genieße das Wandern sehr.



Immer wieder halte ich an, um Bilder und Videos zu machen. Nach den letzten Tagen im eintönigen Wald, wirkt das heute wie ein Paradies.



Es folgt zuerst ein längerer Abstieg und dann erneut ein langer Anstieg. Bei der Hälfte nehme ich erneut eine alternative Route und gelangen somit zu einem See, den ich komplett für mich alleine habe. Ich wasche meine Kleider und gehe eine Runde schwimmen. Bei den warmen Temperaturen und nach dem langen Anstieg, tut das kalte Wasser richtig gut.

Nach dem ausgiebigen Bad, geht es für mich nochmals nach oben und dann wirklich lange entspannt bergab. Zuerst über Geröll am Hang entlang und dann durch den Wald.



Nach einigen Stunden, die ziemlich schnell vergehen, erreiche ich Mal wieder eine Straße am White Pass. Hier biege ich ab und folge der Straße bis zu einem kleinen Laden. Eigentlich hätte ein Packet von mir hier eintreffen sollen. Da es aber leider nicht geklappt hat, eventuell auch aufgrund der Feuer, muss ich wohl Mal wieder auf die Hikerbox zurückgreifen. Ich finde einige Sachen zum Essen und ergänze das ganze noch mit einigen Kleinigkeiten aus dem Laden.
Den Rest des Abends sitze ich mit anderen Hikern zusammen, bevor wir gegen 8 Uhr unsere Zelte auf einem Platz hinter dem Geschäft aufschlagen und schlafen gehen.

Überblick
Tatsächlich bin ich bereits am letzten Abschnitt meiner Reise angelangt. Nach den längeren Passagen im Wald, freue ich mich über die schönen Berge, in denen ich aktuell unterwegs sein darf.

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