Kanada! – Meile 2624 bis 2650

Tag 111 – 0 km – Donnerstag 15.08.2024

Eigentlich wollte ich heute ausschlafen, aber um 5:30 Uhr bin ich wach. Mein Plan, den Bus um 13:30 Uhr zu nehmen, ändere ich somit spontan ab. Anscheinend fährt auch ein Bus früher und somit mache ich mich um 7 Uhr auf den Weg.

Ich laufe vom Motel zu einer Haltestelle und fahre mit einem kostenlosen Bus weiter nach Chelan. Nach einer Stunde steige ich dort aus, da ich hier umsteigen muss. In einem Café trinke ich einen Kaffee und esse ein Stück Quiche.

Dann gehe ich zurück zur Bushaltestelle. Leider kommt aber nur ein anderer Bus und als ich nachfrage, meint der Busfahrer, dass es den Bus nach Pateros nicht mehr gibt und ich entweder zurück nach Wenatchee oder auf das Trampen zurückgreifen muss. Da ich es nicht einsehe eine Stunde zurück zu fahren, stelle ich mich an die Straße und versuche eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen.

Nach einiger Zeit nimmt mich ein Auto immerhin mit bis zum Ortsausgang, von wo ich weiter in Richtung Pateros trampen kann. Da es von hier aus nur in diese Richtung geht, sollte es hier einfacher sein ein Auto zu bekommen. Der nette Mann, der selbst den PCT bereits in beide Richtungen komplett gelaufen ist, gibt mir noch Tipps wo ich am besten trampen kann. Dann macht er sich auf den Weg in die andere Richtung und ich stehe erneut an der Straße.

Auch dieses Mal ist es wie so oft beim Trampen. Alle großen und hochwertigen Autos fahren an mir vorbei und am Ende hält ein etwas mitgenommenes Auto voll mit mexikanischen Saisonarbeitern, die nicht wirklich Englisch reden. So ist es doch wirklich auffällig, dass es meistens die einfacheren Leute sind, die bereit sind andere mitzunehmen.

Bei schöner mexikanischer Musik geht es dann 20 Minuten über die Straße bis nach Pateros. Dort lassen sie mich wieder raus und da ich hier eine Stunde auf den nächsten Bus warten muss, gehe ich in ein Café um die Ecke und esse einen Burrito und trinke dazu eine Cola. Anscheinend kommen hier in letzter Zeit viele Hiker durch, denn obwohl ich weit vom Trail entfernt bin, frägt mich die Bedienung direkt wie es mit dem Trail läuft etc. Nachdem ich längere Zeit gewartet habe, kehre ich zur Straße zurück und warte dort auf den Bus. Dann geht es knapp 40 Minuten weiter in Richtung Twisp, wo ich erneut umsteigen muss, um nach Mazama zu gelangen.

Nach einer weiteren Busfahrt, komme ich endlich in Mazama an. Heute ist es wieder ziemlich heiß und daher kaufe ich mir direkt ein Eis und eine Cola im einzigen Laden hier. Danach laufe ich einige Minuten zu einem spendenbasierten Hostel/Campingplatz, wo ich heute übernachten werde. Aktuell sind noch nicht besonders viele Leute hier, aber immerhin kann ich mein Zelt zum Trocknen aufbauen und werde von einer Hikerin kurz herumgeführt. Da es bereits 16 Uhr ist, passiert auch nicht mehr viel am Tag.

Hier ein Bild von mir in Wechselkleidern, die ich geliehen habe solange meine Kleider in der Wäsche sind:

Ich sitze die restliche Zeit herum, unterhalte mich mit anderen Leuten und esse zu Abend. Nach einem unterhaltsamen Abend geht es wieder ins Bett, um morgen früh ausgeruht zu sein und mit dem ersten Shuttle um 6:30 Uhr zum Trail zu gelangen.

Tag 112 – 39,1 km – Freitag 16.08.2024

Um kurz vor 6 Uhr stehe ich auf und baue direkt mein Zelt ab. In der Küche des Hostels trinke ich noch einen Kaffee und esse ein paar Snacks aus der Hikerbox als Frühstück.

Pünktlich um 6:30 fahre ich dann mit einigen anderen Hikern in einem umgebauten Transporter zum Harts Pass, wo wir wieder in den Trail einsteigen wollen. Nach einer etwas holprigen Fahrt, kommen wir nach einer Stunde am Pass an. Im Gegensatz zu unten ist es hier oben ziemlich kalt und viele Wolken hängen herum.

Ich laufe auch direkt los, um heute noch einige Meilen zu absolvieren. Insgesamt trennen mich nur noch 30 Meilen bis zur Grenze zu Kanada. Da ich von dort aus aber nochmals 8 Meilen zum Manning Park wandern muss, um von dort nach Vancouver zu gelangen, werde ich heute lediglich 20-25 Meilen zurücklegen.

In den dichten Wolken geht es direkt wieder bergauf. In den ersten Stunde kann ich leider nicht zu viel von der Landschaft erkennen, aber das wenige, dass ich sehen kann, sieht trotzdem schön aus.

Nach einiger Zeit ziehen die Wolken etwas empor und ich kann weiter in die Ferne blicken. Leider höre ich über mir bereits Donner und die ersten Regentropfen lassen nicht lange auf sich warten. Während der erste Regenschauer nur wenige Minuten dauert, ist der zweite Teil ziemlich stark. Es schüttet wie aus Kübeln und zwischendrin kommt sogar noch Hagel dazu. Bereits nach wenigen Minuten bin ich komplet durchnässt und es hört über längere Zeit nicht auf. Da sich die Wolken über mir auch quasi nicht bewegen, muss ich einige Zeit im starken Regen weiter laufen.

Erst nach längerer Zeit hört der Regen wieder auf. Bis dahin bin ich nicht nur komplett durchnässt, sondern durch den kalten Wind auch ziemlich ausgekühlt. Als ich keinen Regen mehr erwarte, ziehe ich meinen warmen Fließpullover an und betrachte mir einige Zeit die Landschaft. Neben mir sind einige schöne Berge und für mich geht es von nun an weiter über Gestein durch die beeindruckende Landschaft.

Da ich heute keinen Zeitdruck habe, bleibe ich immer wieder stehen und genieße die letzten Anblicke der Berge im Bewusstsein, dass meine Reise hier morgen für mich enden wird. Eigentlich hatte ich geplant auf einem Bergkamm hier zu übernachten, um eventuell einen letzten Sonnenuntergang anzuschauen. Da ich den eingeplanten Bachlauf zum Auffüllen meines Wassers aber nicht finden kann (eventuell in den letzten Tagen versiegt), steige ich auf der anderen Seite zu einem See hinab.

Am See angekommen, baue ich mein Zelt auf, hole mir Wasser aus dem See und koche mein Abendessen. Danach verkrieche ich mich in mein Zelt und kuschel mich in meinen warmen Schlafsack, um noch ein bisschen zu lesen. Irgendwie fühlt es sich komisch an im Zelt zu liegen und zu wissen, dass es eventuell die letzte Nacht im kleinen Zuhause ist, bevor ich mein Ziel Kanada erreichen und danach meine Rückreise antreten werde.

Tag 113 – 24,2 km – Samstag 17.08.2024

Da ich nur 6 Meilen bis zur Grenze habe, steht heute Ausschlafen auf dem Programm. Wie gewohnt, wache ich trotzdem um kurz nach 6 auf und bleibe aber noch etwas liegen. Mein Zelt ist leider noch nass, aber als ich dieses verlasse, werde ich von strahlendem Sonnenschein und blauen Himmel begrüßt. Ich koche mir entspannt meine Haferflocken und trinke einen Kaffee. Danach baue ich langsam mein Zelt ab und packe alles zusammen. Dann mache ich mich auf den Weg, die restlichen Kilometer zu absolvieren.

Es geht die ganze Zeit leicht bergab und somit ist der Weg ziemlich einfach zu laufen. Zwischendrin ist er zwar etwas zugewachsen, aber trotzdem noch OK.

Ab und an kommen mir andere Hiker entgegen und wir gratulieren zu uns gegenseitig zum Erreichen des Ziels. Da viele kein Permit zum Betreten von Kanada haben, müssen sie an der Grenze umkehren und zu Fuß wieder zurück nach Mazama laufen. Ich dagegen laufe weiter bergab. Nach ein, zwei weiteren Kurven stehe ich plötzlich direkt an der Grenze. Wie aus dem Nichts, taucht das Monument des nördliche Terminus vor mir auf. Somit habe ich es nun tatsächlich geschafft, von der Grenze zu Mexiko bis nach Kanada zu laufen. Insgesamt war ich dafür 113 Tage unterwegs, habe über 2300 Meilen (3700 km) zu Fuß zurückgelegt und konnte viele schöne Landschaften durchqueren.

Hier ein Bild von mir am nördlichen Terminus, welcher das Ende meiner Reise auf dem PCT bedeutet. Im Wald hinter mir kann man schön die Grenze zwischen den USA und Kanada erkennen, auch wenn sie deutlich weniger spektakulär ist als man eventuell erwarten würde.

Da sonst niemand hier ist, mache ich zuerst ein paar Bilder und packe dann eine Flasche Prosecco aus, die ich mir extra für diesen Anlass mitgenommen habe. Obwohl es erst kurz vor 10 Uhr Morgens ist, stoße ich alleine auf das Erreichen der Grenze zu Kanada an.

Es fühlt sich richtig gut an, nach 113 Tagen endlich hier im Norden angekommen zu sein. So habe ich in den letzten Monaten doch wieder einiges erlebt und in gewisser Weise erfüllt es mich auch ein wenig mit Stolz, es von Mexiko bis nach Kanada geschafft zu haben. Kurz lasse ich die letzten Monate nochmals Revue passieren und werde schon fast ein bisschen wehmütig, dass meine Reise hier nun offiziell endet.

Danach sitze ich noch eine ganze Weile auf einem Stein und betrachte mir die Umgebung, bevor zwei andere Leute aus der anderen Richtung dazu kommen. Wie sich herausstellt ist es die Familie von einem Hiker, mit dem ich heute Nacht zusammen am See übernachtet hatte. Wenige Minuten später trifft er dann auch ein und wir machen nochmals einige Bilder und gratulieren uns gegenseitig.

Danach mache ich mich auch schon wieder auf den Weg, da ich noch etwa 12 Kilometer bis zum Manning Park laufen muss, um von dort aus irgendwie nach Vancouver zu gelangen.

Während ich so durch die Gegend wandere, freue ich mich, dass ich es tatsächlich bis nach Kanada geschafft habe. Somit fällt mir der längere Anstieg auch ziemlich leicht.

Nach weiteren 3 Stunden, komme ich dann endlich an einem Resort im Manning Park an. Da ich schon wieder Hunger habe, gehe ich in das Restaurant und esse Burger zu Mittag. Währenddessen buche ich einen Rückflug nach Deutschland, welcher bereits am Montag sein wird. Somit habe ich noch heute und morgen Zeit, um nach Vancouver zu gelangen und eventuell noch ein bisschen die Stadt anzuschauen.

Nach dem Essen mache ich mich an die Rückreise nach Vancouver. Einen Hiker, der mich eventuell hätte mitnehmen können, kann ich leider nicht finden und ein Bus kommt heute und die nächsten Tage anscheinend auch nicht mehr. Somit stehe ich bald wieder an der Straße und hoffe, dass mich jemand zumindest etwas weiter in den Westen mitnimmt, von wo aus ich eventuell einen Bus nehmen kann.

Nachdem mich einige Autos passiert haben, hält nach etwa einer halben Stunde dann doch ein Auto an und der Fahrer meint, dass er mich zumindest bis nach Mission, einem kleinen Ort etwa 60 Kilometer östlich von Vancouver, mitnehmen kann. Somit fahre ich mit ihm über eine Stunde durch die schöne Landschaft. Der Mann hat ziemlich viel zu erzählen und dadurch geht die Zeit schnell vorbei. In Mission lässt er mich beim McDonalds raus, wo ich das WLAN nutzen kann, um zu schauen wie ich nun weiterkomme.

Leider ist es bereits 18 Uhr und die Busse fahren so spät Abends anscheinend nicht mehr. Also buche ich mir im Nachbarort eines der letzten freien Zimmer in einem Hotel und hoffe, dass ich morgen weiter bis nach Vancouver gelangen kann.

Mit einem Bus, bei dem ich nichts bezahlen muss, da das neue Bezahlsystem noch nicht richtig funktioniert, fahre ich also in den Nachbarorten und laufe dort zum Hotel. Ich nehme eine angenehme Dusche, ruhe mich aus und gehe früh schlafen. Eigentlich wollte ich heute bereits auf das Erreichen des Ziels anstoßen und etwas feiern gehen, aber alleine habe ich dazu keine Lust und somit bleibt es bei einem ruhigen Abend mit Wasser und Chips.

Morgen muss ich dann mit dem Bus für einige Stunden weiter bis nach Vancouver fahren. Mal schauen wie gut das funktioniert.

P.S.: Wenn ich zu Hause bin werde ich nochmals einen Blogpost mit einem Rückblick erstellen. Dort werden ich dann auch noch einige Statistiken etc. einbauen. Jetzt ruhe ich mich aber erstmal aus 😉

Comments

2 Antworten zu „Kanada! – Meile 2624 bis 2650“

  1. Avatar von Mathias
    Mathias

    Herzlichen Glückwunsch und Respekt für diese Leistung!
    Habe immer mal wieder in den Blog geschaut. Schöne Berichte und klasse Bilder.
    Alles Gute für die weitere Zukunft.

    1. Avatar von f.hoehn

      Hi,

      danke 🙂 und liebe Grüße
      Flo

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